IV-Präs. Knill/AF-Präs. Ottel: KESt-Behaltefrist einführen – Klare Mehrheit für steuerliche Anreize bei Vorsorge und Green Investments – Aufholbedarf bei Wirtschaftsbildung
„Immer mehr Österreicherinnen und Österreicher wollen und suchen Alternativen für ihren privaten Vermögensaufbau und ihr Ansparverhalten. Gerade in Zeiten niedriger Zinsen und hoher Inflation muss das ein Weckruf für die Politik sein: Unterstützen wir die Menschen auf dem Weg in Richtung Kapitalmarkt mit klugen Anreizen und mehr Wissensvermittlung im Finanzbereich“, betonte der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, im Rahmen einer Pressekonferenz mit Robert Ottel, Präsident des Aktienforums, und Meinungsforscher Peter Hajek. Dabei wurden u.a. die Ergebnisse einer Studie präsentiert, die von der Peter Hajek Public Opinion Strategies GmbH im Auftrag des Aktienforums durchgeführt worden war. Im Fokus standen der Umgang mit und das Wissen über den Kapitalmarkt bzw. wie die Corona-Krise die Sichtweise der Menschen geändert hat.
Interesse an Kapitalmarkt signifikant gestiegen
Demnach ist das Interesse der Menschen in Österreich für Aktien, Anleihen und Wertpapiere seit 2016 signifikant gestiegen. Für knapp 30 Prozent, die bisher noch nicht auf dem Kapitalmarkt aktiv sind, kommt es prinzipiell in Frage, in eine dieser Geldanlagen zu investieren. Vor sechs Jahren waren es nur sieben Prozent. Um das Engagement der Bürgerinnen und Bürger zu stärken, sprechen sich Industrie und Aktienforum für die im Regierungsprogramm angekündigte Wiedereinführung der Behaltefrist bei der KESt aus. „Das würde gerade alle jene Menschen unterstützen, die bereit sind, langfristig – gerade auch in ihre Altersvorsorge – zu investieren“, so Knill. Die Industrie stehe hier an der Seite der jungen Menschen, deren Interesse für die Chancen und Risiken des Kapitalmarkts überdurchschnittlich hoch ist.
Laut Aktienforum belegt der internationale Vergleich den Nach- und Aufholbedarf. „Mit der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen bei Wertpapieren ohne Freigrenzen oder Reduktionen der Bemessungsgrundlage zählt Österreich zu einer Minderheit von Staaten. Innerhalb dieser Ländergruppe haben wir obendrein noch den dritthöchsten Steuersatz. Was Unterstützung für den privaten Vermögensaufbau betrifft, sind hier andere Staaten deutlich weiter“, strich Ottel hervor. Anreize wünscht sich auch eine klare Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger. 76 Prozent halten steuerliche Begünstigung auf Veranlagungen zur privaten Pensionsvorsorge für eine sehr gute oder gute Idee.
Klimaschutz braucht starken Kapitalmarkt
Die Wirtschaftsvertreter wiesen zudem auf die Bedeutung eines leistungsfähigen Kapitalmarkts für eine erfolgreiche Klimatransformation hin. „Klimaschutz braucht Eigenkapital. Wir reden hier von Investitionen in Billionenhöhe. Das kann der öffentliche Sektor nicht allein stemmen“, erklärte Knill. Bei Effizienz und Nachhaltigkeit durch Industrielösungen würden heimische Unternehmen dank ihrer Innovationsleistungen zur Weltspitze zählen. Eine Begünstigung für Investments in innovative Unternehmen, die Klimalösungen entwickeln oder die Energiewende mit Erneuerbaren vorantreiben, wäre eine Win-Win-Win-Situation für Menschen, Klima und Standort. Diesen Vorschlag unterstützen auch drei von vier Bürgerinnen und Bürgern, die eine steuerliche Begünstigung klimafreundlicher Investitionen begrüßen würden. „Richtig umgesetzt kann Green Finance ein wichtiger Baustein sein“, so Ottel, der sich hier für eine EU-weite praktikable Lösung mit Augenmaß aussprach.
OECD-Financial-Literacy-Tool bei PISA-Test einsetzen
Ein Hindernis für viele Menschen bleibt nach wie vor das fehlende Wissen über den Kapitalmarkt. „Obwohl wir hier Verbesserungen sehen, gibt es weiterhin Luft nach oben“, erläuterte der IV-Präsident. Nach wie vor geben drei von vier der Befragten an, sich weniger oder gar nicht gut mit Veranlagungen an der Börse auszukennen. Die Finanzstrategie des Finanzministeriums sei daher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Jetzt gehe es um die konkrete Umsetzung, und zwar für alle Altersgruppen von Jugendlichen bis zu den Erwachsenen. So müssten etwa Lehrmaterialien überarbeitet und mit finanzrelevanten Inhalten angereichert werden. Insgesamt schlagen IV und Aktienforum vor, Wirtschafts- und Finanzbildung in den Schullehrplänen bereits ab der Unterstufe oder Mittelschule stärker zu verankern. Unterstützung findet außerdem die Maßnahme, beim nächsten PISA-Tests auch das OECD-Financial-Literacy-Tool abzufragen. Denn nur so sei die Möglichkeit einer offiziellen Bestandsaufnahme gegeben, um zu sehen: Wo steht Österreich heute und wo sollte es in Zukunft stehen, wenn es darum geht, die Möglichkeiten eines modernen, attraktiven Kapitalmarktes optimal zu nutzen. Mehr Wirtschaft- und Finanzbildung in den Schullehrplänen halten auch 74 Prozent der Befragten für eine sehr gute oder gute Idee.
Studienergebnisse auf einen Blick
Studienautor Hajek: „Die Menschen suchen bei Spar- bzw. Anlagemöglichkeiten nach Alternativen. Vielen, und hier gerade den Jungen, ist bewusst, dass sich hier Möglichkeiten und Chancen bieten. Gebremst wird das durch eine durchaus selbstkritische Einschätzung über das eigene Finanzwissen. Eine deutliche Mehrheit hält steuerliche Anreize sowie mehr Information und Aufklärung über die Chancen und Risiken am Finanzmarkt für notwendig und richtig.“
Die zentralen Ergebnisse zum Thema „Anlegen am Aktienmarkt – Befragung der österreichischen Bevölkerung“ auf einen Blick:
PA Industrie und Aktienforum fordern Kapitalmarkt-Booster für Altersvorsorge und Green Investments
Präsentation Studie Hajek Anlageverhalten